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Ales Pickar als Zombie (Fotografiert von Sönke Held)
Ales Pickar als Zombie (Fotografiert von Sönke Held)


Groschenheft-Experiment 1


Nach dem Fieber, Heft 1, rezensiert auf HYSTERIKA

PRODUKTIONSNOTIZEN

"Nach dem Fieber" ist 2019 ausgeheckt worden und im Sommer und Herbst desselben Jahres wurde der erste Teil geschrieben. Ich hatte schon eine ganze Weile mit der Idee gespielt, eine post-apokalyptische "Zombie"-Geschichte zu schreiben. Doch der Funke sprang erst dann über, als mir meine Frau über das Phänomen der sogenannten "Regional-Krimis" erzählte. Was wäre, wenn ich sozusagen einen fränkischen "Regional-Zombie-Roman" schreiben würde? Ich weiß nicht, ob etwas in dieser Art bereits getan wurde. So gut kenne ich dieses "Sub-Genre" ohnehin nicht. Doch haben nicht viele der "Zombie-"Filmklassiker in Wirklichkeit einen "Regional-Einschlag"? Auf uns mag das dann aber nicht so wirken, weil diese Region irgendwo in den USA liegt.

Die Entscheidung, eine post-apokalyptische Geschichte im Frankenland zu beginnen, hatte dabei keine spezifisch, unterschwellige Aussagekraft. Es ist ganz sicher nicht der Versuch, mit der Region "abzurechnen" noch ist es mein Anliegen, diese Gegend zu glorifizieren. Da ich hier aber vor Jahren gelandet bin, lag es für mich nahe, ein wenig über das zu schreiben, was sich um mich herum befindet, und was ich täglich sehen kann. Eine willkommene Abwechslung zu der "Kalion"-Reihe, die sich in einer weitgehend fiktiven Welt abspielt.

Ich hatte damals ein wenig die Schnauze voll von Verlagen. Ich hatte mich 20 Jahre mit Verlagen abgemüht und mit ihnen auch Bücher publiziert. Nun hatte ich das Gefühl, dies sei alles Zeitverschwendung, da in 2019 gerade bei unbekannter Belletristik die Verlage wenig an den Tisch brachten, das man nicht selbst bewerkstelligen konnte. Aber Verlagsfrustration ist unter Autoren kein fremdartiges Phänomen. Zugleich besaß ich aber nicht wirklich eine Vision, wie es mit einem solchen Projekt weitergehen soll. Manchmal will man eben einfach nur schreiben, und nicht ständig über die wirtschaftliche Plausibilität des geschriebenen Wortes nachdenken.

So kam mir die - zugegeben etwas abstruse - Idee eines Groschenhefts. Ich war nie ein allzu passionierter Leser von Groschenheften, aber ich hatte schon immer eine gewisse Faszination für das Format. So designte ich, äußerst augenzwinkernd wohlgemerkt!, die erste Ausgabe. Im Dezember 2019 hielten dann die ersten Leserinnen und Leser das Groschenheft in der Hand. Es war mehr ein Experiment. Aber so genau wusste ich nicht, was ich da eigentlich tue, oder vorhabe.

Eine der besseren Ideen, die ich damals hatte, bestand darin, das Heft an Jürgen Seibold zu senden, der die Rezensionsplattform hysterika.de (die es leider nicht mehr gibt) betrieb. Dort erschien dann im März 2020 eine durchaus wohlwollende Besprechung. Das war äußerst relevant für mich, denn ich war damals noch auf Facebook unterwegs (iggitt!) und bei meinem Versuch, das Heft dort etwas zu promoten, schlug mir relativ schnell ein piquierter Ton entgegen. Denn in der Zwischenzeit war die Covid-19-Pandemie ausgebrochen und ich sah in der Tat aus, wie ein etwas geschmackloser Trittbrettfahrer des menschlichen Unglücks. Etwas, worauf Jürgen Seibold in seiner Rezension eingegangen war und deutlich machte, dass niemand 3 Wochen nach einem Ereignis bereits den Roman dazu präsentieren kann. Außer dieser war eben lange vorher in der Mache.

Dennoch muss ich gestehen, dass ich von einer gewissen Pietät besält war und während um mich herum fast jede Familie irgendwo einen (mal nahen und mal fernen) erkrankten Verwandten zu beklagen hatte, wollte ich nicht eine typischen Weltuntergangs-Belletristik frönen. Die Traumfabrik Hollywood hatte solche Bedenken nicht - und das ganze Jahre 2020 wuchsen die "Grippe-tötet-die-Menschheit"-Filme wie Pilze nach einem Herbstregen aus dem Boden. Aber ich schätze, Hollywood wird erst dann wieder richtig interessant für mich, wenn es einmal vollständig abgebrannt ist.

Ales Pickar als Zombie (Fotografiert von Sönke Held)
Ales Pickar als Zombie (Fotografiert von Sönke Held)


Groschenheft-Experiment 2



Ales Pickar wirft Molotow-Cocktails in Hamburg

Ales Pickar wirft Molotow-Cocktails in Hamburg




Apogäum-Blog

Mein Blog-Beitrag, lange vor dem März 2022.




Ales Pickar als Zombie (Fotografiert von Sönke Held)
Ales Pickar als Zombie (Fotografiert von Sönke Held)


Als also die Pandemie ausbrach, saß ich auf einer Kiste voller Groschenhefte, die durchaus ein wenig Stirnrunzeln hervorriefen. Ich habe sie immer noch. Falls du also (kostenlos) ein etwas seltsames Sammelstück besitzen möchtest, musst du einen Weg finden, mich zu kontaktieren. Ich sende es dir dann gerne zu. No strings attached.

So versickerte die Arbeit an "Nach dem Fieber" zunehmend. Ein Sachverhalt, der zusätzlich dadurch verstärkt wurde, dass mein unbedarftes Manuskript noch eine zweite "korrekte" Zukunftsvoraussage besaß. Denn die Fortsetzungsgeschichte besaß zwei zentrale Themen:

  • 1) Ein Grippe-Fieber, das fast die gesamte Menschheit auslöscht und
  • 2) russische Söldner-Truppen, die infolgedessen nach Westeuropa einbrechen.

Ich persönlich denke nicht, dass man dies als eine "große Vision", oder Zukunftsvorhersage bezeichnen kann, denn 1) Geschichten über Grippe-Pandemien waren in den 15 Jahren davor recht populär und es gab hierzu (gerade im Kontext der Gletscherschmelze und des Klimawandels) eine Menge Zeitungsartikel und Bücher. Virologen haben schon seit Jahren Pandemien angekündigt. Obwohl es im Falle von Covid-19 sicherlich rührend wäre, wenn es dazu eines Tages eine wirklich astreine Untersuchung über die Herkunft der Pandemie geben würde. Also eine Untersuchung, die nicht von korrupten neo-konservativen Bonzen angestrebt wird, die noch nie etwas anderes getan haben, als für ihre Milliardärs-Kumpels zu arbeiten. Falls du das Lügen in einem 2000-Euro-Anzug als "Arbeit" bezeichnen möchtest. Du solltest es nicht tun.

Und um ehrlich zu sein, war auch die unfreiwillige Vorhersage des NATO-Russland-Proxy-Kriegs in der Ukraine nicht gerade ein Geniestreich, angesichts dessen, dass vor dem Ausbruch der "russischen" Phase des Kriegs die westlichen Medien deutlich weniger scheu waren, über das wachsende Eskalationspotenzial zu berichten. Und wer sich eben etwas mit Osteuropa beschäftigte, wusste sehr gut, dass die Ukraine sich seit Jahren zu einem gravierenden Krisenherd verwandelte. Wie die meisten Regionen, die das Pech haben, zum Einsatzgebiet des CIA zu werden. Interessanterweise waren es die selben Arschlöcher in 2000-Euro-Anzügen, die dann die Jahre 2014-2021 für ungeschehen erklärt haben, damit der deutsche Kleingeist sich nicht zu sehr verwirrt.

Für mich stellte das in der Tat ein emotionales Problem dar. Nicht deshalb, weil ich halber Ukrainer bin, sondern deshalb, weil ich in meiner Geschichte nicht vor hatte, die Russen als feingesichtig und rücksichtsvoll darzustellen. In meinem Manuskript traten sie als gefährliche Freischärler auf, brutal, tribal und vergewaltigungssüchtig. Sie waren die Nemesis.

Doch nun holte mich die Weltgeschichte ein und ich war eindeutig nicht bereit, etwas zu schreiben, das sich wie ein Trommelsolo für die NATO anfühlte. Heute mag man mir allerlei an den Kopf werfen, das im deutschen Sprachraum gerne mit dem (etwas peinlichen) Suffix "-versteher" versehen wird, aber die Leute übersehen, dass ich schon seit ungefähr 1991 die NATO als eine psychotische Ausgeburt der Hölle verabscheue. Es nennt sich Überzeugung. Die Deutschen sollten das mal versuchen, anstelle sich immer nur von DER SPIEGEL das Weltbild formen zu lassen.

Aber, um "Sopranos" zu zitieren: "I don't need the agita". Und so fokussierte ich mich mehr auf meinen YouTube-Kanal, wo mein Schwerpunkt ohnehin stets fern der Tagespolitik war, mehr auf zeitlose Themen einzahlend. Musik, Geschichte, Comics. Welten, wo mein Geist genesen kann. Eskapismus, in dem guten alten tolkienschen Sinne.

Es war mehr ein Zufall, dass mir jemand einen Link zur einer Anthologie-Ausschreibung des Elysion-Verlags schickte. Das Thema war sehr post-apokalyptisch und ich besaß doch schließlich dieses Manuskript in der Schublade. Jennifer Schreiner hatte ich schon vor vielen Jahren kennengelernt. Wir hatten uns gut verstanden, doch damals waren meine wuchtigen Phantastik-Epen nicht das richtige Format für den Verlag.

So begann ich wieder zu schreiben. Anfangs eher zaghaft. Doch dafür sind gerade Anthologien eine wunderbare Anlaufstelle. Doch solche Dinge neigen manchmal dazu, an Fahrt aufzunehmen. Und hier sind wir nun. In der Gegenwart.

Eins muss jedoch klar sein. Zombie-Geschichten (und post-apokalyptische Erzählungen im Allgemeinen) ohne einen sozial-ökonomischen, politischen oder kulturhistorischen Kontext zu verfassen, erscheint mir sinnlos und entspricht mehr einer Art "Pornographie der Gewalt". Der Zombie und die Endzeitkullise müssen stets ein Spiegel dessen sein, was wir kennen und was wir ahnen. Ob dies nun als Satire geschieht, oder im tödlichen Ernst, ohne die sozialkritische Komponente mutet ein solches Vorhaben sichtlich eigennützig an.

Nun, wir werden sehen, ob ich dem gerecht werden kann.

Aggros


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